Die Bionergetische Analyse und Therapie (BAT) wurzelt in der Psychoanalyse und ist eine der ältesten körperpsychotherapeutischen Schulen der Neuzeit. Das Internationale Institut für Bioenergetische Analyse (IIBA) wurde 1956 durch Alexander Lowen, John Pierrakos und William Walling in New York gegründet. Aus historisch-politischen Gründen hat sich die BAT überwiegend in ausseruniversitären Feldern entwickelt - wohl aber auch deshalb, weil sich die Hochburgen unserer Wissenschaft in der Regel durch ausgeprägte Kopflastigkeit auszeichnen. Ein Grossteil der bioenergetischen Literatur wandte sich traditionell in eher populärwissenschaftlichen Schriften an ein breiteres Publikum.
Beginnend mit Band 1 der Reihe «Körper & Seele» (Dagmar Hoffmann-Axthelm [Hrsg.]) wurde ein Unterfangen gestartet, die Bioenergetische Analyse wieder mit akademischen psychotherapiewissenschaftlichen Strömungen zu vernetzen. Der vorliegende Sonderband stellt den Versuch dar, zentrale Konzepte dieses psychosomatischen Ansatzes auf aktuelle theoretische Positionen und Forschungsresultate der akademischen Psychologie und Medizin zu beziehen.
Jahrzehntelang war der Zustrom von PatientInnen und AusbildungskandidatInnen «Wirksamkeitsbeweis» genug. Durch die berufspolitischen Entwicklungen der letzten Jahre hat sich aber nun auch die Bioenergetische Analyse und Therapie einer verschärften Beweis- und Legitimationspflicht zu unterziehen. Die Verbindung zwischen Körper und Seele bzw. deren prinzipielle Unteilbarkeit zu erforschen, ist dabei das zentrale Anliegen, das in gegenwärtigen Trends zu einer «Allgemeinen» oder «Empirisch Validierten» Psychotherapie nicht untergehen sollte.
Beiträge:
I. Zu den Grundlagen
I. Michel, M. Koemeda-Lutz, Stammbaum zur Geschichte der Bioenergetischen Analyse
P. Schindler, Geschichte und Entwicklung der Bioenergetischen Analyse
A. Klopstech, Psychoanalyse und körperorientierte Psychotherapie im Dialog
A. Klopstech, Modelle therapeutischen Handelns: der psychoanalytische und der bioenergetische Weg
C. Ammermann, Gedanken über das psychosomatische Paradigma
II. Bioenergetische Konzepte
L. Carle, Das Beziehungsgeschehen in der Psychotherapie
M. Koemeda-Lutz, Ein psychosomatisches Persönlichkeitsmodell: Charakterstrukturen
P. Löliger, Keine Aussicht ohne Einsicht: körperliche Transformation in Krisen
L. Carle, Das Energiekonzept in der Bioenergetischen Analyse und Therapie
M. Koemeda-Lutz, Zur therapeutischen Arbeit mit Emotionen
B. Amstutz, Kommunikation in der Körperpsychotherapie
M. Koemeda-Lutz, Sexualität als zentrale Lebensenergie im kulturellen Wandel des 20. Jahrhunderts: Pendelbewegungen zwischen Befreiung und Repression
V. Wink Hilton, Sexualität im therapeutischen Prozess
III. Arbeitsmethoden und Forschung
I. Michel, Übungen in der Bioenergetik
H. Steinmann, Bioenergetische Methoden und Techniken
H. Peter, Zeit als Therapieparameter
C. Ventling, Ein Plädoyer für Forschung