Die Aquakulturbranche steht, wie auch die gesamte Lebensmittel- und Biomassebranche, vor der Herausforderung einer nachhaltigen Produktion. Die konventionelle Aquakultur wird oftmals aufgrund des Einsatzes von Futter auf Basis von Wildfischen, der Zerstörung von Mangrovenwäldern oder der Verwendung von Antibiotika in der Massenfischhaltung kritisch bewertet. Allerdings sind technische Systeme generell optimierbar.
Wie lassen sich die Grundsätze der Nachhaltigkeit in der Aquakultur umsetzen? Diese Fragestellung bildet die Basis der aktuellen Aquakulturforschung. Ein Kernthema ist hierbei die Entwicklung nachhaltiger Futtermittel, in denen die fischbasierten Eiweiß- und Fettquellen (Fischmehl und Fischöl) durch alternative, meist pflanzliche Rohstoffe ersetzt werden können. Zum Thema Tiergesundheit und Tierwohl werden vor allem Methoden zur Bestimmung des Wohlbefindens von aquatischen Tieren gesucht, die im Gegensatz zu Landtieren weitestgehend unbekannt sind.
Darüber hinaus tragen innovative Technologien und Haltungssysteme dazu bei, Systeme durchzusetzen, die eine ökologisch-sensitive und nachhaltige Aquakultur ermöglichen: Ein Ansatz ist etwa die Nutzung von Polykulturen,
d.h. die Kombination unterschiedlicher Aquakulturorganismen. In Aquaponik-Anlagen wird die Aufzucht von Fischen mit der Kultivierung von Nutzpflanzen in einem geschlossenen ökologischen Kreislauf verbunden. Das gleiche Prinzip wird im offenen Meer in der sogenannten Integrierten Multitrophen Aquakultur verfolgt. Diese Beispiele für nachhaltige Lösungsansätze sind vielversprechend, bedürfen aber einer intensiven Forschung. Ziel ist es, zukünftig eine ökologisch
sensitive Aquakultur zu etablieren.
Der vorliegende Band möchte das Spektrum der Möglichkeiten aufzeigen, in Zukunft Aquakultur im Einklang mit der Nachhaltigkeitsidee zu betreiben. Dabei sollen auch Konfliktlinien und Tradeoffs aufgezeigt werden. Eine politisch entscheidende Frage wird es sein, ob ein Land wie Deutschland, das fast alle konsumierten Produkte aus Fisch und Meeresfrüchten importiert (Selbstversorgungsgrad: 24%), eine Vorreiterrolle hinsichtlich der Erforschung und Entwicklung nachhaltiger Aquakultursysteme einnehmen und entsprechende Rahmenbedingungen schaffen möchte.