Um die Sache der Phänomenologie handelt es sich in den folgenden Meditationen. Sie sind aus der Überzeugung des Verfassers erwach sen, daß die phänomenologische Philosophie imJahre 1990nochetwas zu sagen hat, etwas Bedeutsames. Sie ist keineswegs die sagenhafte "Philosophia perennis". Es ist auch nicht so, daß sie die Lösung der Probleme aller Philosophen und philosophischen Strömungen zu bie ten hätte. Abersiespieltnochstetseine unersetzliche Rolleimintellek tuellen Gespräch unseres Jahrhunderts. Sie verdient es nicht, zu dem alten Eisen geworfen zu werden, das lediglich als Material für histori sche Betrachtungen Interesse erregt. Ist im produktiven Denken derer, die der phänomenologischen Be wegung zugerechnet werden, eine gewisse Erschlaffung eingetreten? "Die Phänomenologen werden sich etwas einfallen lassen müssen", sagte unlängst ein Bekannter. Dieser Rat, diese Mahnung sind jedoch ein wenig einseitig. Das bessere Neue soll ja jeweils aus dem guten Alten erwachsen. Eine Besinnung auf das bereits Geleistete sollte daher allem "Einfallen-lassen" vorhergehen. Die phänomenologische Bewegunghat im Laufe ihrerEntwicklung mancherlei wertvolleDenk anstöße hervorgebracht, die bisher nicht in ihrer philosophischen Be deutsamkeit erkannt wurden. An diese Denkmotive wäre zunächst anzuknüpfen. Dies gilt vor allem in Bezug auf den Initiator der phänomenologi schen Philosophie Edmund Husserl. Während einige seiner Schriften bekannt, ja überbekannt sind, bleiben manche seiner intimen Überle gungen unbeachtet. Sie fügen sich nicht in das, was man mit einem gewissen Recht die "offizielle Doktrin" nennen könnte. Der Verfasser wird bemüht sein, aufwichtiges Gedankengut Husserls aufmerksam zu machen und es zu verwerten.