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Hermann Hesse
am 2. Juli 1877 in Calw/Württemberg als Sohn eines baltendeutschen
Missionars und einer württembergischen Missionarstochter
geboren, 1946 ausgezeichnet mit dem Nobelpreis für Literatur,
starb am 9. August 1962 in Montagnola bei Lugano.
Seine Romane, Erzählungen, Betrachtungen, Gedichte, politischen,
literatur- und kulturkritischen Schriften sind mittlerweile in
einer Auflage von mehr als 50 Millionen Exemplaren in aller Welt
verbreitet und haben ihn zum meistgelesenen europäischen
Autor 20. Jahrhunderts in den USA und in Japan gemacht.
Die seit Jahren wieder in den Mittelpunkt der Diskussion gerückten
Romane Hermann Hesses haben ganz zu Unrecht die nicht weniger
reichhaltigen und eigenständigen Erzählungen des Dichter
etwas in den Hintergrund gedrängt. In verschiedenen Sammelbänden
sowie in Zeitungen und Zeitschriften verstreut, waren sie schwerer
zugänglich und konnten erst 1973 in einer großen Sonderausgabe
zusammengefaßt werden. Der erste Band unserer auf vier Bände
angelegten Taschenbuchausgabe enthält Hesses früheste
Erzählungen in der Reihenfolge ihrer Entstehung. »Aus
Kinderzeiten«, Titel einer dieser Geschichte, könnte
leitmotivisch für alle diese frühen Arbeiten stehen,
denn in den meisten werden Begebenheiten aus der Kindheit und
Pubertät geschildert, dem Stadium der empfindlichsten Erlebnisfähigkeit,
das inzwischen zu einem Zentralthema der modernen Psychologie
geworden ist. Es sind vor allem die Erlebnisse aus Hesses Calwer
Jahren, seiner imaginären »Kleinen Welt«
von »Gerbersau«, die hier und im nachfolgenden
Band zu Wort kommen.
»In der westlichen Kultur werden Innenwelt und Außenwelt
immer gegeneinander ausgespielt. Wer die Innenwelt darstellt,
wird verdächtigt, von der Außenwelt nichts zu wissen.
Wer nur in der Außenwelt lebt, hat keine Innenwelt. Daß
eine Innenwelt nicht ohne Außenwelt, eine Außenwelt
nicht ohne Innenwelt existieren kann, wird nur der nachvollziehen,
der sich von dem westlichen Denken in Ausschließlichkeiten
befreit hat. Ohne Zweifel fördert die Lektüre Hesses
das zunehmende Wissen von der Macht, die man in sich trägt.
Aber wem nützt es, fragen mit Recht diejenigen, die nicht
interessiert sind, daß der Einzelne Ich-Stärke hat
und nicht der Spielball irgendeiner Bewegung oder Institution
ist.« Karin Struck
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