Anne-Marie Holenstein, frühere Direktorin, beschreibt, analysiert und dokumentiert in ihrem Rechenschaftsbericht eine institutionelle Krise des Schweizer Hilfswerks «Fastenopfer», die während ihrer Amtszeit kulminierte. Sie hatte ihre Ursache im Zusammenprall des hierarchischen Führungsanspruchs der damaligen Bischöfe mit einem Führungskonzept, das sich von Fachkompetenz und Kompetenzdelegation leiten liess.
Die Geschichte des Fastenopfers steht beispielhaft für wichtige Prozesse, die in der katholischen Kirche während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts abgelaufen sind. Anne-Marie Holenstein: «Diese Geschichte steht für das Bemühen vieler Katholikinnen und Katholiken, aus dem Ghetto und der Klerikerkirche des 19. Jahrhunderts auszubrechen. Und sie steht für Weltverantwortung und Ökumene. Damit hängt entscheidend zusammen, dass sie sich dem Engagement von Laien und deren Organisationen verdankt.» Inspiriert ist sie schliesslich durch die Impulse des Zweiten Vatikanischen Konzils und die lateinamerikanische Theologie der Befreiung.
Anne-Marie Holenstein treibt die Leitfrage um: «War diese Krise unvermeidlich? Oder wäre die weitere Entwicklung des Fastenopfers zur heutigen führenden Entwicklungsorganisation ohne diese grosse Krise möglich gewesen?» Eine Frage, auf die auch der Leser, die Leserin eine Antwort finden mag.