Als 1977 »Sonjas Rapport« erschien, staunte der 35-jährige Sohn der Autorin nicht schlecht: Seine Mutter war eine Spionin, Deckname Sonja, im Rang eines Oberst der Roten Armee. Ihr Lebensweg: als Ursula Kuczynski in Berlin geboren, geht sie 1930 mit ihrem Mann nach Shanghai, lernt den Top-Spion Richard Sorge kennen, der sie nach Moskau zur Ausbildung als Funkerin schickt. Sie sendet für Stalin aus der Mandschurei, aus Polen, der Schweiz, dann aus England, wo sie die Kontaktperson des Physikers Klaus Fuchs ist, der ihr den Bauplan der Atombombe übergibt. Als Fuchs 1949 enttarnt wird, siedelt sie nach Ostberlin über, scheidet aus dem Geheimdienst aus - und schreibt Kinderbücher! Schließlich ihre Autobiografie »Sonjas Rapport«, die ein sensationeller Erfolg wird. Was sich wie ein Thriller liest, berichtet über tatsächliche Ereignisse von geschichtlicher Tragweite, die den Verlauf des 20. Jahrhunderts beeinflussten. Der Akteur: eine nette, bescheidene Frau und Mutter dreier Kinder. Aus Rücksicht auf den zur Zeit der Buchveröffentlichung noch lebenden Klaus Fuchs hatte Ruth Werner zunächst auf das spannende Kapitel der Atomspionage verzichtet, das in diese Ausgabe aufgenommen wurde. Abgedruckt ist auch ein Interview aus dem Jahr 2006, in dem sich die drei Kinder erstmals gemeinsam über ihre Mutter äußerten.