Feste Seife galt lange als altbacken. Bis heute wird sie von interessierter Seite als hygienisch fragwürdig («Keimschleuder») und wenig hautfreundlich («Zerstörung des Säureschutzmantels») verleumdet. Nach Jahrzehnten des Schattendaseins erlebt sie inzwischen eine Renaissance. Aus gutem Grund. Dieses Buch erzählt die turbulente und nicht immer moralisch einwandfreie Geschichte der festen Seife und ihrer Verflüssigung im Namen eines fragwürdigen Fortschrittsverständnisses der Industrie, das zahlreiche Kollateralschäden zeitigt - zu Lasten der Natur und unserer Haut. Und es zeigt, warum feste Seife heute das Potenzial hat, vielfältiger, hochwertiger, umwelt-, klima- und hautfreundlicher zu sein als je zuvor.
Die feste Seife kommt zuru¿ck in die Badezimmer. Es sind gesellschaftliche Megatrends wie das plastikfreie Bad, ein neues Empfinden fu¿r die Dringlichkeit beim Umwelt- und Klimaschutz sowie ein neu erwachtes Interesse fu¿r die Inhaltsstoffe von Kosmetik, die diese Entwicklung seit einigen Jahren vorantreiben.
Trends beruhen allerdings meist auf Moden und Werbung, selten auf tatsächlichem Wissen der Konsumentinnen und Konsumenten. Hier schließt das Buch 'Die Renaissance der Seife' eine immer noch große Lu¿cke. Es erzählt sowohl die Geschichte der Seife selbst, als auch die ihrer Verdrängung durch synthetische Flu¿ssigprodukte wie Duschgels oder Flu¿ssigseifen, die seit einigen Jahrzehnten die Badezimmer dominieren. Es zeigt - aufwändig recherchiert und ausfu¿hrlich mit Quellenverweisen dokumentiert -, wie es der Industrie im ausgehenden 20. Jahrhundert gelungen ist, die klassische Seife als 'Keimschleuder' zu diskreditieren und ihr die 'Zersto¿rung des Säureschutzmantels' der Haut vorzuhalten, um die neuen, synthetischen und deutlich lukrativeren Flu¿ssigprodukte zu vermarkten.
'Die Renaissance der Seife' beschreibt die u¿ber Jahrzehnte andauernde Untätigkeit der Politik, die zu eklatanten Umweltschäden gefu¿hrt hat: durch die Gewässerbelastung der ku¿nstlichen Tenside, auf denen die modernen Flu¿ssigprodukte basieren. Daneben schildert das Buch die Auswirkungen von Duschgel, Flu¿ssigseife & Co. auf die Gesundheit der Haut.
Das Buch spart aber auch die Kollateralschäden nicht aus, die auf das Konto der klassischen Seife gehen. Es schildert, wie die Fabrikanten im 19. Jahrhundert von Sklaverei und Zwangsarbeit profitierten und im 20. Jahrhundert zur fast vollständigen Ausrottung der Großwale beitrugen. Bis heute haben sie durch ihre Nachfrage nach O¿len und Fetten Teil an der Abholzung der Regenwälder fu¿r Palmo¿lplantagen.
Schließlich zeigt das Buch, wie es zur Renaissance der Seife kam, tatsächlich zunächst weniger durch die eingangs genannten gesellschaftlichen Trends, sondern durch zahlreiche engagierte Frauen, die meist im Nebenerwerb begannen, Seifen kalt zu ru¿hren: Eine Technik, die erst im späteren 20. Jahrhundert durch die Verfu¿gbarkeit reiner Rohstoffe mo¿glich wurde und heute Seifen ermo¿glicht, die so hautfreundlich und pflegend sind, wie keine der klassischen Fabrikseifen.
Ausfu¿hrlich widmet sich das Buch den verschiedenen historischen und modernen Herstellungstechniken und den Zutaten. Nicht als Anleitung zum Selbermachen, sondern zum besseren Verständnis des Produkts. Entsprechend wird auch der Deklaration der Inhaltsstoffe auf den Seifenverpackungen ein eigenes Kapitel gewidmet. 'Die Renaissance der Seife' ist eine Warenkunde im besten Sinne.
Ein Glossar, ein Stichwortverzeichnis und ein Quellenteil runden dieses populärwissenschaftliche Sachbuch ab.