Ein Lesebuch, das Neugier und Appetit wecken will | Die vorliegenden Texte des religiösen Sozialisten Leonhard Ragaz sind kurze Abschnitte, man könnte auch sagen «Ausrisse» aus längeren Aufsätzen oder Büchern, die - aufgrund ihrer Knappheit durch keine langen Erklärungen begründet oder abgesichert - thesenartige Statements darstellen. Sie sind nicht thematisch katalogisiert, sondern assoziativ angeordnet, was dem Denken von Ragaz am meisten entspricht. Er war ein situativer Denker
und Systeme waren ihm suspekt. Der Titel «Nur in Zelten wohnt Gott» ist ein Zitat von Ragaz und bringt seinen theologischen Ansatz auf den Punkt: Gott ist nicht in den repräsentativen Tempeln der gesellschaftlich Etablierten und Gutsituierten
zu finden. Vielmehr ist er beheimatet in den windigen Zelten und Hütten der Prekären und an den Rand Gedrängten.
Die Form als Kalendarium ist ein Vorschlag, sich über den Zeitraum eines ganzen Jahres immer wieder täglich in kleinen Dosen mit Ragaz zu beschäftigen. Es bietet die Möglichkeit, sich ihm gemächlich und niederschwellig zu nähern.